Gebettet an die Steilhänge des ligurischen Küstengebirges südlich von Genua, reihen sich bis Portovenere einige pittoreske Dörfchen aneinander. „Bella figura“ machen z.B. Boccadasse, Nervi, St. Margarita, Portofino, Vernazza oder Riomaggiore. Jedes punktet auf seine Weise: Rappallo-St. Margarita mit unzähligen historischen Villen und Vernazza mit Jahrhunderte alten Trockenmauern, wo Wein und Olivenbäume wachsen; sich manchmal so gar eine Limonaia versteckt. Eines aber haben sie alle gemeinsam: sie sind im Sommer hoffnungslos von Tagestouristen überlaufen und sowohl Gastronomie/ Hotellerie, als auch Geschäfte kassieren völlig überzogene Preise.

Eine letzte Oase der Normalität findet der Genußreisende noch im 5000 Einwohner Örtchen CAMOGLI in der Nachbarbucht von Rappallo. Hier dümpeln noch alte Fischerboote im Hafen und die rot, gelb und terracottafarben gestrichenen Häuser an der hohen Uferpromenade leuchten im Nachmittagslicht besonders schön. Das I-Tüpfelchen der Bilderbuchkulisse bildet das alte Castello mit der sich anschmiegenden Kirche Santa Maria Assunta am Ende Bucht.

Ja, Rappallo schrieb mit dem Vertrag von Rappallo (1922) Geschichte und im pittoresken Portofino lassen sich regelmäßig VIPs und der internationale Jetset sehen, aber mittlerweile schränkt die Polizei – insbesondere an Sommer-Wochenenden – den Zugangsverkehr per PKW auf der schmalen Straße massiv ein. Will man überhaupt in die kleine Bucht von Portofino gelangen, muß man entweder den überfüllten Kleinbus nehmen oder eine Hotelreservierung in einer der Luxusherbergen (eine Nacht kann da schnell mal um die 2000.- Euro kosten) nachweisen.

Aber man sollte sich auch nicht so leicht abwimmeln lassen; nicht einmal, wenn der Verkehrspolizist in bestem Deutsch meint, daß in Portofino das einzige Parkhaus ohnehin schon besetzt sei. Meist hilft der Hinweis weiter, daß man im „Splendido“ oder „Belmonte“ zu Mittagessen möchte. Hinsichtlich der Reservierung darf man ruhig ein bißchen flunkern, denn Zeit dort telefonisch nachzufragen, hat der Ordnungshüter definitiv nicht und schließlich will er ja keine zahlungskräftige Kundschaft vergraulen. Im Parkhaus läßt sich dann schon noch ein Plätzchen finden; die Stunde kostet für Kurzzeitparker allerdings fast acht Euro.

Warum Portofino?

Geht man vom kleinen Hafen aus bergan in Richtung Burg, zieht sich ein herrlich mit exotischen Pflanzen beschatteter Fußweg bis an die Spitze der kleinen Halbinsel bzw. zum Leuchtturm hin (je nach Kondition ca. 20 Minuten). Der hätte zwar mal wieder einen Anstrich nötig, aber der Blick von dort auf das offene Meer ist selbst bei bedecktem Wetter atemberaubend. Bei azurblauem Himmel glaubt man fast in Santorin zu sein und die kleine Lounge-Bar „Al Faro“ zu Füßen des Leuchtfeuers bietet Snacks und Drinks zu akzeptablen Preisen. Den Portofino-Spritz (Limoncello aufgegossen mit Prosecco und reichlich Eis) sollte man sich nicht entgehen lassen. Blickt man die steilen Klippen herunter, erkennt man Tauchboote und unablässig kreisende Ausflugsschiffchen in Richtung Abtei von San Fruttuoso.

Kleinod Camogli

Von dort entlang der Küstenstraße an die Westseite des „Golfo Paradiso“ sind es bis Camogli nur zehn Kilometer. In seiner Blütezeit bestand die Flotte Camoglis aus Hunderten von Großseglern. 1798 stellte es ein großes Kontingent der Napoleonischen Flotte, die in ägyptischen Gewässern bei Abukir von Admiral Nelson geschlagen wurde. Noch heute setzt das 1874 gegründete Marinekolleg „Cristoforo Colombo“ die nautische Tradition fort und es gibt ein Altersheim für Kapitäne. Auch seine liebenswerten bunten Häuser, die sich hinter dem Kiesstrand aneinanderreihen, sind ein Relikt der Seefahrertradition. Die Farben halfen einst den Fischern nach dem Fang einfacher zu ihrem Hafen zurückzufinden. Überregional bekannt sind die Erstliga-Wasserballer des heimischen Schwimmclubs RN Camogli, die schon viele Italienische Meistertitel errungen haben. Mitten im Wasser kann man die Spielfeldumrandung sehen, wo gegen Abend regelmäßig (von den „Alten Herren“) trainiert wird. Das Wasser ist Mitte Juni mit ca. 24 Grad bereits herrlich warm und man kann auf den sanften Wellen einfach dahinschaukeln.

Das Flanieren in den engen Gäßchen mit seinen täuschend echt aussehenden 3-D-Malereien (hinter den Fassaden verstecken sich oft maritim eingerichtete Ferienwohnungen) und der Blick auf’s Meer kann süchtig machen.  Spaziert man den oberen Küstenpfad entlang, kann man einer Erfrischung im „Dei Mugetti“ kaum widerstehen. Die Bagni Lido und umliegenden „Grotti“ bieten überdies typisch italienische Köstlichkeiten zu vernünftigen Preisen an. Insbesondere am Südende Camoglis sind auch zwei größere Parkplätze vorhanden, die 2,50 Euro die Stunde kosten. Und sollte sich einmal keine Parkmöglichkeit finden und man ohnehin reif für eine Espresso-Pause sein, kann man es auf dem Hotelparkplatz des „Cenobio dei Dogi“, dem besten Hotel am Ort versuchen. Der Ausblick von der Terrasse über mehrere Ebenen ist genial. Hier kann man auch eine Spezialität genießen, die sonst nur in den Cinque-Terre-Dörfern 30 Kilometer weiter zu haben ist: ein Gläschen Sciacchetrá (sprich: Schaketra). Der Portwein ähnliche Dessertwein wird ausschließlich in den mühevoll zu bearbeitenden Steillagen der Cinque Terre angebaut. Auf der Zunge hinterläßt das gold-braune Tröpfchen eine Geschmacksexplosion und im Abgang meint man noch ein wenig salzhaltige Meeresluft schmecken zu können. Eine Halbliterflasche ist allerdings nicht unter 55.- Euro zu haben, demzufolge zahlt man für 0,1 Liter Gläschen im Hotel um die 15.- Euro.

Plan B: Nervi und Boccadasse

Sollte auf dem Hin- oder Rückweg von/ nach Genua noch etwas Zeit sein, parken Sie am Bahnhof von Nervi ab und nehmen die kurze Unterführung auf die rot geplättelte zwei Kilometer lange Meerespromenade „Anita Garibaldi“. Nur wenige Meter weiter rechts davon befinden sich die „Bagni di Medusa“. Hier kann man nicht nur im Meer, sondern auch in einem großen Felsenpool geschützt vor der Brandung in Meerwasser schwimmen. Das Wasser wird jeden Tag frisch eingeleitet. Angeschlossen ist wiederum ein Restaurant samt Beach-Bar und der Ausblick auf das in der Sonne glitzernde Meer ist einmal mehr grandios; zumal am Horizont immer wieder große Passagier- und Frachtschiffe im nahen Genua ein- und auslaufen. Möchte man erlesen speisen, kann man den Tag im nahen Boccadasse ausklingen lassen. Schöner als im Michelin-Restaurant „Capo St. Chiara“ (bietet u.a. Molekularküche) kann man einen Sonnenuntergang nicht erleben. Für besondere Anlässe zu Zweit sollte man nach dem „Romeo und Julia-Tischchen“ fragen, das auf einem kleinen Sims an der Hauswand klebt und frei über dem Wasser schwebt. Ohne Reservierung bekommt man selten einen Tisch, aber es empfiehlt sich ohnehin einen Wochentag zu wählen.

Ich bin dann mal weg …. immer gerne auf der Suche nach Inspiration und sprichwörtlich „neuen Ufern“.

 

 

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